Emotionale Wüste

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Wenn ich den Medien Glauben schenken kann, wird mir manchmal ganz schwindelig darüber,  in welcher emotionalen Wüste wir und unsere Kinder heute leben. Verzeihen Sie mir, wenn ich so pauschal schreibe. Ich meine natürlich immer nur eine relative Ausprägung. Wenn Sie das auch empfinden oder Ihnen der Stiefel passt, dann ziehen Sie sich ihn bitte an und lesen bis zum Ende weiter.

Cocooning, ein Trend, der in den 80er des letzten Jahrhunderts beginnt.
Wenn die Welt zu stressig, kompliziert und bedrohlich wird, zieht man sich zurück in die eigenen vier Wände.
Cocooning steht auch für die schwindende Lust der Menschen hinauszugehen und Neues zu entdecken, Andersartiges und Fremdes kennen zu lernen. Täglich können wir sehen, dass die Eigenverantwortung abgegeben wird an höhere Instanzen, die Politik, das Arbeitsamt, die Gewerkschaften etc.
Cocooning steht aber auch für eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber unseren Mitmenschen in unserer Gesellschaft, die die Rechte des Individuums so betont. „Hauptsache mir geht es gut.“ Was kümmert mich mein Nachbar, meine Mitmenschen, andere Länder, die Umwelt, die Natur usw.

Die Menschen fühlen sich ungerecht behandelt. Bekommt ein Anderer einen Pfennig mehr, argwöhnen sie, dass Ihnen dieser fehlen wird. Die Grundstimmung ist niedergeschlagen und Endzeit mäßig. Gleichzeitig sind die Menschen abhängig von Führern, weil sie keine Eigenverantwortung übernehmen wollen. An Miseren sind immer die Anderen schuld.

Depressionen nehmen erschreckend zu.
Wer einsam ist, keinen anderen Menschen zum Sprechen und Austauschen hat, ist seinen Befürchtungen und Sorgen allein ausgeliefert. Das vermittelt die Angst, ungeliebt zu sein. Die Gesellschaft fordert von uns aber, dass wir immer perfekt funktionieren. Die so suggerierte Unzulänglichkeit gepaart mit mangelnder Anerkennung und Liebe kann zu ernsthaften Depressionen führen.

Aufmerksamkeits- und Denkprobleme sind nicht allein ein Problem unserer ADHS-Kinder.
Viele Erwachsene können nicht still sitzen, sich nicht konzentrieren, sind nervös, erledigen ihre Aufgaben schlampig. Gleichzeitig dreht sich ihr Gedankenkarussell ohne Unterlass um unrealistische, unerfüllbare Träume, impulsives Handeln eingeschlossen. Da wird gekauft ohne zu bedenken, wie das bezahlt werden kann.

Aggressivität und Straffälligkeit nehmen eklatant zu.
Polizisten werden verprügelt, weil sie Falschparker erwischen. Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter werden nicht nur bei ihrer Arbeit behindert, sondern sogar massiv körperlich angegriffen oder bedroht. Jugendliche treiben sich in Gangs herum, die sie unter Druck setzen, zu klauen, Drogen zu nehmen, zu pöbeln, zu randalieren uvm. Kinder wollen in der Schule dem Lehrer nicht gehorchen, stören den Unterricht durch schwatzen, spielen mit dem Smartphone usw. Eltern bedrohen, erpressen und schlagen die Lehrer.

Wow, was ist da passiert? Vor noch nicht allzu langer Zeit waren Lehrer und Amtspersonen noch Respektspersonen.

Und bitte, das alles ist kein Problem von ethnischen, religiösen, rassischen oder Einkommens-Gruppen. Dieses Problem ist ein weltweites unabhängig von der gesellschaftlichen Klasse. Wenn Familien, gesellschaftliche Strukturen es nicht mehr schaffen unseren Kindern und somit auch uns ein stabiles Fundament für das Leben zu geben, was können wir dann überhaupt noch ausrichten?

Da wo aus finanziellem oder gesellschaftlichem Druck beide Elternteile gezwungen werden arbeiten zu gehen, immer mehr Kinder in Ein-Eltern-Familien aufwachsen, sind diese Kinder sich selbst, dem Fernseher, Krippen und Kindertagesstätten überlassen. Die unzähligen kleinen Gesten zwischen Eltern und Kind, die dafür sorgen, dass ein Kind sich verstanden und geliebt fühlt, mit denen es Mitgefühl für andere erlernt, bleiben da auf der Strecke. Und damit die emotionale Kompetenz, die das Gefühlsleben bildet, Sicherheit vermittelt und Voraussetzung für Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit gegen Unbilden des Lebens, ist.

Deswegen brauchen wir vorbeugende Maßnahmen schon im Kindesalter, um emotionale und soziale Defizite aufzufangen und bestmöglich zu verhindern.

Im nächsten Blog-Eintrag werde ich Ihnen ein Programm vorstellen, dass sich bereits in der Praxis bewährt hat.

Übrigens:
Ja, ich habe keine Kinder. Ich kann mich aber noch richtig gut an meine Kindheit erinnern und an meine Erfahrungen, meine Bedürfnisse und meine Ängste. Ich erlebe täglich, was eine belastende Kindheit für Auswirkungen im Erwachsenenleben hat. Und deswegen wage ich oder besser muss ich wagen, aufzurütteln und vorbeugende Maßnahmen anzubieten. Auch wenn einige dieser Maßnahmen gegen unsere landläufigen gesellschaftlichen Meinungen/Einstellungen und die zurzeit vorherrschende politische Stimmung verstoßen.