Ein Gedicht

Hier habe ich ein Gedicht gefunden, von Robert Reinick übersetzt aus dem alemanischen von Peter Hebel. Es zeigt, dass Liebe etwas anderes ist, als Konsum. Ich würde mich freuen, wenn der Konsum nicht die übermächtige Rolle spielen würde, sondern die Liebe. Ach ja, den Teil mit der Rute,… na ja, soll wohl nur eine Ermahnung sein.

Die Mutter am Christabend

Er schläft, er schläft! das ist einmal ein Schlaf!
So recht, du lieber Engel du!
Tu mir die Lieb‘ und lieg‘ in Ruh,
Gott gönnt es meinem Kind‘ im Schlaf!

Erwach‘ mir nicht, ich bitt‘, ich bitt‘!
Die Mutter geht mit stillem Tritt,
Sie geht mit zartem Muttersinn,
Und holt den Baum zur Kammer hin.

Was häng‘ ich dir denn an?
‚Nen Pfefferkuchenmann,
Ein Kätzelchen, ein Spätzelchen,
Und Blumen bunt und süß und weich,
Und Alles ist von Zuckerteig.

Genug, du Mutterherz!
Viel Süßigkeit bringt Schmerz.
Gib sparsam, wie der liebe Gott;
Tagtäglich nützt kein Zuckerbrot.

Jetzt rote Äpfel her,
Die schönsten, die ich haben kann!
Es ist auch nicht ein Fleckchen dran,
Wer hat sie schöner, wer?

‚S ist wahr, es ist ’ne Pracht,
Was so ein Apfel lacht;
Der Zuckerbäcker wär‘ ein Mann,
Der solchen Apfel machen kann!
Den hat nur Gott gemacht.

Was hab‘ ich denn noch mehr?
Ein Tüchelchen hübsch weiß und rot,
Es ist eins von den schönen;
O Kind, vor bittren Tränen
Bewahr dich Gott, bewahr dich Gott!

Was häng‘ ich sonst noch hin? –
Dies Büchlein, Kind, ist auch noch dein;
Da leg‘ ich Bilder dir hinein,
Gebete sind von selber drin.

Jetzt wär‘ genug wohl da? –
Jetzt hast du alles Gute –
Der tausend! Ja, ’ne Rute,
Die fehlte noch, da ist sie ja!

Vielleicht – sie freut dich nicht,
Vielleicht – sie schlägt die Haut dir wund,
So manchem war es schon gesund,
Sei gut, so schlägt sie nicht.

Fängst du darnach es an,
In Gottes Namen sei es drum!
Die Mutterlieb‘ ist fromm und zart,
Sie windet rote Bänder um
Und macht ein Schleifchen dran.

Jetzt wär‘ er ausstaffiert,
Wie ’n Kirmesbaum geziert;
Dann heißt es, wann der Tag erwacht,
Das Christkind hat den Baum gebracht.

Mir dankst du nicht dafür,
Wer’s gab, wer sagt es dir?
Doch macht es dir nur frohen Mut
Und schmeckt es dir, so ist es gut.

Rief da der Wächter nicht
Schon elf? Wie doch die Zeit verrinnt!
Man merkt die Stunden nicht,
Wenn’s Herz an etwas Nahrung find’t.

Jetzt – Gott behüte dich,
Ein ander Mal denn mehr!
Heut war es, wo der heil’ge Christ
Ein Kind wie du geworden ist,
Werd auch so brav, wie er!