Kerze im Fenster

Vielleicht kann sich der eine oder andere noch an den Brauch erinnern, zur Adventszeit eine Kerze ins Fenster zu stellen.

Die Kerze sollte an die erinnern, die im Krieg vermisst oder noch nicht nach Hause gekommen waren.

In dem Ort, in dem ich aufwuchs, wurde zusätzlich ab dem 1. November bis Weihnachten ein beleuchtetes Kreuz auf dem Aussichtsturm des höchsten Berges illuminiert.  

Ich meine, dass in der Schule gesagt wurde, dass wir unseren „Brüdern und Schwestern“ in der Zone ein Zeichen damit geben sollten.

Da wir keine Brüder und Schwestern in der Ost-Zone hatten, hatte ich auch keine Vorstellung davon, warum wir ihnen ein Zeichen setzten sollten. Es war für mich etwas Sinn entleert. Aber, wenn die Lehrer das sagten, musste sich ja dahinter etwas Sinnvolles verbergen… Also, ich habe nur eine Schwester, eben meine Schwester.

Das Kreuz auf dem Bismarckturm hat in mir als Kind immer so einen gewissen Schauer hervorgerufen. Während ich mir überlegte, ob die, die noch heimkehren würden, wirklich das Licht in den Fenstern sehen würden. Und dann stellte ich mir vor, dass das Licht so wie der Stern über dem Stall in Bethlehem auf eine übernatürliche Art ihnen den Weg weisen würde.

Erst viel später habe ich erkannt, dass viele meiner Lehrer ihrem ehemaligen Zuhause nachtrauerten. Denn sie kamen aus Schlesien, Ost- und Westpreußen, Pommern, und später auch aus Rumänien, Tschechien, etc. In Niedersachsen lag 1949 die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen bei 1,8 Millionen Menschen, fast 27% der Gesamtbevölkerung.

Ich erinnere mich sehr gern an meinen Mathematik-Lehrer, der aus Ostpreußen stammte. Jedes Jahr am letzten Schultag vor dem Weihnachtsfest las er uns aus Siegfried Lenz´ Buch „So zärtlich war Suleyken“ vor. Besonders gern erinnere ich mich an den ostpreußischen Dialekt mit dem er die Geschichtchen vorlas.

Ich wünsche euch einen besinnlichen 3. Advent. Eure Birgitt

Menschlichkeit

boy-and-girl

Gestern habe ich die Spenden-Gala im ZDF zugunsten „Brot für die Welt“ und „Misereor“ gesehen.

Ganz stark hat mich eine Aussage der Schauspielerin Kristin Meyer berührt, die unter anderen ein Projekt für Mädchen, die auf der Straße leben, in Nairobi, Kenia, unterstützt.

Sie sagte mit Blick auf die Flüchtlingsdebatten, dass sie die Einteilung der Flüchtlinge in „berechtigte“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“ als sehr zynisch empfände. Sie erlebt es hautnah, dass Eltern nur eins wollen, dass ihre Kinder überleben. Dafür nehmen sie in Kauf, auf einem nicht seetauglichen Boot das Meer zu überqueren. Todes-Angst hat man auch, wenn es nichts zu essen und zu trinken gibt.

Die Beiträge, egal ob über Kenia oder die Mongolei oder sonst wo her, zeigten eindrücklich, wie Menschen und ihre Kinder fast verhungern, keine Lebensaussichten haben. Darüber zu urteilen, ob diese „berechtigte“ oder „nur Wirtschaftsflüchtlinge“ sind, ist wirklich unmenschlich.

Das Verständnis in unseren warmen, mit Genussmitteln vollgestopften Wohnungen, lässt wohl viele vergessen, wie unsere (Ur-)Großeltern, teilweise Eltern nach den Weltkriegen gelitten und zum großen Teil Hilfe erhalten haben. Warum ist bei den Nachkommen, dieses Wissen nicht mehr vorhanden? Wann ist die Menschlichkeit auf der Strecke geblieben?

Gerade Künstler nutzen ihre Popularität, um solch benachteiligten und verfolgten Menschen zu helfen. Ein großes Dankeschön dafür.

Ich bin heute dankbar …
für Menschen wie Kristin Meyer, Peter Maffay, Til Schweiger und viele, viele mehr, die sich einsetzen.

Ich möchte heute allen vergeben …,
die aus Angst und Eigennutz sich der Menschlichkeit verweigern.