Brachten Frauen das Wissen in die Welt?

Im September stolperte ich über einen interessanten Artikel. In dem wurde die Frage aufgeworfen, ob nicht die Frauen in der Steinzeit dafür zuständig waren, Wissen weiter zu verbreiten.

Deutsche Wissenschaftler unter der Leitung von Projektleiter Philipp Stockhammer, Professor für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie an der Universität München, folgern das aus der Analyse von 84 Skeletten aus sieben bayerischen Fundorten. „Nicht die Männer, sondern die Frauen hatten vermutlich eine wichtige, vielleicht entscheidende Rolle beim Austausch von Kenntnissen“.

Die Untersuchung von Skeletten aus Gräbern, die zwischen 2500 und 1700 v. Chr. im Lechtal angelegt worden waren, lässt Anhand der Analyse von Strontiumisotopen-verhältnissen in Backenzähnen, Rückschlüsse auf die Herkunft der Personen zu und zeigte,  dass die Mehrheit der Frauen nicht aus der Region stammten. Ihre Heimat dürfte der Raum zwischen Halle und Leipzig oder Böhmen gewesen sein. Etwa zwei Drittel der untersuchten Frauen werden wohl in einem Alter von etwa 17 Jahren an den Lech gekommen sein, um dort eine Familie zu gründen.

Vergleichbare Belege bei Männern gibt es nicht. Vermutlich wanderten die Frauen Hunderte Kilometer zu ihren künftigen Ehemännern. Mit dem Mittel der Exogamie (Eheschließungen außerhalb der eigenen sozialen Gruppe, um z.B. Inzucht zu verhindern) verbreiteten sie das Wissen, das ihre Klans bereits erworben hatten.

Die Frauen waren wandernde Wissende und haben wahrscheinlich dazu beigetragen, dass das Wissen weitergegeben wurde. Die Art ihrer Bestattung lässt die Annahme zu, dass sie nicht als Mägde minderen Rechts oder gar als Sklaven dienten. Denn sie unterscheiden sich in keiner Weise von Gräbern der Einheimischen, was den Schluss erlaubt, dass sie in die Gemeinschaft integriert waren. Unklar ist, wohin ihre Nachkommen gewandert sein könnten. Vermutlich waren sie alle in ein größeres System eingebettet, das über längere Zeit, womöglich über 800 Jahre und mehr, weite Teile Mittel- und Nordeuropas durchzog. Vielleicht war die Aufgabe der Frauen auch nur die reine Wissens-vermittlung und sie hatten gar keine Familie und Nachkommen.

Ein älterer Einzelfund aus Dänemark liefert eine interessante Antwort. Danach war das Mädchen um das Jahr 1370 v. Chr. die 800 Kilometer lange Strecke vom Schwarzwald bis nach Jütland gelaufen. Einige Befunde an der Leiche lassen sich nur so erklären, dass sie später noch einmal in ihre Heimat zurückgekehrt ist, um erneut nach Jütland zu wandern.

Dänische Wissenschaftler vermuten, dass die junge Frau mit einem Mann aus Jütland verheiratet wurde, um Beziehungen zwischen ihren Familien oder Klans zu festigen. Basis der Kontakte könnte der Fernhandel gewesen sein, der schon in der jüngeren Steinzeit weite Teile Europas erschlossen hat.

Liebe Mit-Frauen, diese Erkenntnisse lassen also darauf schließen, dass die Frauen auch in frühen Zeiten nicht nur Austausch zum Zwecke des Gebärens waren, sondern einen großen Anteil am Weiterkommen und Weiterentwicklung von ihren Gesellschaften hatten.

Das, was manchmal in der Geschichtsschreibung so gern geschrieben wird, dass Frauen geraubt oder als Handelsobjekt fungierten, dass die Fortpflanzungseigenschaft sozusagen zur Ware degradiert wurde, stimmt zumindest in der Steinzeit nicht!

Und heute? Das könnt ihr selber bewerten.

Vielleicht öffnen manche Erkenntnisse den Horizont. Bisher ist die Geschichtsschreibung männlich geprägt. Was nicht bedeuten muss, dass Absicht hinter einer einseitigen Darstellung liegt.

Übrigens, hier könnt ihr den Artikel nachlesen https://www.welt.de/geschichte/article168323558/Erst-mit-den-Frauen-kam-das-Wissen-in-die-Welt.html#Comments

Vor allen die Kommentare sind echt lesenswert und einfach zum Amüsieren (viele empörte, beleidigte Männer… )