Mein altes Klassenzimmer

Wenn ich lese, dass Kinder im Klassenraum mit Mütze, Mantel und Schal frieren müssen, weil durch vermehrtes Lüften eventuell ansteckende Aerosole aus dem Klassenzimmer geblasen werden sollen, dann erinnere ich mich an meine Schulzeit.

In unseren Klassenzimmern waren alle Fenster zu öffnen. In jeder Schulpause, ob groß oder klein, ob Sommer oder Winter, wurden die Fenster weit geöffnet. Dafür hatte der Klassendienst zu sorgen, der auch für das Wischen der Tafeln zuständig war.

In der kleinen Pause, die 5 Minuten dauerte, wurden schon mal die Hände kalt, aber wir konnten die Hände ja auf den warmen Heizkörpern wieder aufwärmen.

In der großen Pause von 15 Minuten verließen wir alle die Klassenzimmer und bewegten uns auf dem Pausenhof. In der Grundschule, erinnere ich mich, machten wir z.B. Hüpf- oder Ringelspiele. Kennt noch einer das Spiel „Der Plumpsack geht herum. Wer sich umdreht oder lacht, der kriegt den Buckel vollgemacht.“?

In der weiterführenden Schule gab es dann genug zu tuscheln und erzählen, dass wir Kälte gar nicht gefühlt haben.

Aber von einem Klassenzimmer muss ich euch unbedingt genauer erzählen. Dieses Klassenzimmer war ein ausgelagertes, weil so viele Kinder in die Orientierungsstufe (5. Und 6. Klasse) strömten, dass das Schulgebäude zu klein war. Es war die alte katholische Schule, direkt neben der Kirche, Toilette über den Schulhof. Es war eine altehrwürdige Schule mit geölten Holzbohlen, alten Schultischen, die noch Tintenfässer beherbergen konnten und alten abgenutzten Holzstühlen. Das Klassenzimmer hatte schon so einen gewissen Geruch nach Bohnerwachs und Öl.

Das allerbeste war ein alter Kanonenofen aus Gußeisen, der das Klassenzimmer beheizte. Ein Kanonenofen heißt übrigens so, weil er der Form einer Kanone ähnelt. Das Beheizen geschah vor Schulbeginn durch den Hausmeister, aber während des Unterrichtes musste auch mal Kohle nachgelegt werden. In der Nähe des Ofens war eine Bullenhitze, um diese ein bisschen erträglicher zu machen war ein großes Ofenblech davor gestellt, während es im hinteren Teil des Klassenzimmers recht frisch war. Übrigens, so schön wie auf dem Bild war der Ofen nicht. Ich dachte aber, mit einem Bild habt ihr eine bessere Vorstellung.

Wir haben das alles gut überlebt, ohne Mütze, Schal und Handschuhe. Nur die Schuhe ließen wir in Nähe des Ofens trocknen, wasserdichte Schuhe oder Stiefel gab es noch nicht. Wir hatten in der Zeit kuschelige Puschen an. Ich erinnere mich sehr gern daran zurück. Ich weiß noch ganz genau welchen Charm diese Einklassenzimmer-Schule besaß, auch wenn sie mir selbst damals schon vorkam wie aus einer anderen Zeit.

Eure Birgitt