Politik und FRIEDEN

Politik und Frieden kann das überhaupt zusammen passen, darf man die zwei Begriffe guten Gewissens zusammen nennen? Schon vor vielen Jahren hat Denis Diderot als Herausgeber mit vielen anderen Verfassern  in der „Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers“ darüber geschrieben. Ich denke, dass sich seitdem nichts geändert hat. Aber lesen Sie selbst.

„Die Toleranz ist im Allgemeinen die Tugend jenes schwachen Wesens, das dazu bestimmt ist, mit Wesen zusammen zu leben, die ihm gleichen. Dem Menschen, der durch seine Intelligenz so erhaben ist, sind zugleich durch seine Irrtümer und seine Leidenschaften so enge Grenzen gesetzt, dass man ihm den anderen gegenüber nicht genug von jener Toleranz, jener Duldsamkeit, einflößen kann, deren er selbst so sehr bedarf und ohne die man auf der Erde nur Unruhe und Streitigkeiten sehen würde.

Da man diese erfreuliche versöhnliche Tugend aber geächtet hat, gereichten zahlreiche Jahrhunderte den Menschen mehr oder weniger zur Schande und zum Unglück.

Und hoffen wir nicht, dass wir ohne sie unter uns Ruhe und Glück einmal wiederherstellen können!

Wenn die Intoleranz überall herrschte, so würde sie alle Menschen gegeneinander bewaffnen und auf Grund der verschiedenen Anschauungen immer wieder Kriege heraufbeschwören.

Ist Toleranz nicht Pflicht der Fürsten und Herrscher? Wenn es aber sogar in unserem Jahrhundert noch Menschen gibt, die ihre Augen vor den Fakten und ihr Herz der Menschlichkeit verschließen, wie könnten wir dann Stillschweigen bewahren?

Nein, wie immer es um den Erfolg bestellt sein mag, wagen wir, die Rechte der Menschlichkeit und Gerechtigkeit zu fordern, und versuchen wir noch einmal, dem Fanatiker seinen Dolch zu entreißen und dem Abergläubischen seine Augenbinde abzunehmen.

Wo Intoleranz herrscht, werden sich die Menschen gegeneinander bewaffnen und aufgrund der verschiedenen Anschauungen immer wieder Kriege heraufbeschwören, aus politischen, religiösen und eigennützigen Gründen.

Es wird unter den Menschen immer verschiedene Meinungen geben. Dennoch sagt ihr, erfordere das politische Interesse, dass man diese Einheitlichkeit schafft. Dass man mit Bedacht jede Meinung verdammt, die zu dem im Staate anerkannten Meinungen im Widerspruch steht. Es heißt, man muss den Menschen nur Meinungen lehren, die in seinem Geburtsort gelten, ohne jemals zu wagen, sie zu untersuchen und zu erforschen. Die barbarischsten Vorurteile sind untertänig zu achten.

Nur die Intoleranz ist die Quelle des Übels. Denn, wenn die verschiedenen Parteien einander duldeten und sich nur durch das Vorbild, die Schicklichkeit der Sitten, die Liebe zu den Gesetzen zu bekämpfen suchten,  so würde im Staat trotz der Verschiedenheit der Anschauungen bald Eintracht und Friede herrschen. So wie in der Musik Dissonanzen den Zusammenklang des Ganzen nicht beeinträchtigen.

Aber, werdet ihr einwenden, der Herrscher müsse seine Anschauung in ganzer Reinheit und mit Entschiedenheit verteidigen. Wenn Vernunftgründe und Ermahnungen nicht fruchten, so träge er zu recht das Schwert, um den Aufrührer zu zwingen zur Einheit zurückzukehren.

Was willst du denn, DU Barbar?

Deinen Bruder umbringen, um ihn zu retten? Hat dich dein Gott mit dieser schrecklichen Aufgabe betraut? Woher weißt du, dass er so geehrt sein will?

Geh, Unglücklicher, dieser Friedensgott missbilligt deine grässlichen Opfer.“