Liebe deinen Nächsten – wie dich selbst

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Um Wallungen von Zorn und Wut bändigen zu können, müssen wir erst einmal in der Lage sein die Gefühle, die dabei in uns aufsteigen, erkennen zu können.

Wie lernt man überhaupt seine Gefühle und die Gefühle seines Gegenübers wahrzunehmen?

Fängt ein Kind auf der Neugeborenen-Station an zu weinen, weinen die anderen gleich mit. Leid, und sei es nur Hunger oder eine volle Windel, steckt an. In der Krabbelgruppe holt sich ein Säugling von seiner eigenen Mutter Trost, wenn es gesehen hat, dass ein anderes Kind sich gestoßen hat und weint.

Mit ca. 1 Jahr beginnen Kinder zu begreifen, dass der Kummer ihres Spielkameraden nicht ihr eigener Schmerz ist. Eventuell ahmen sie den Schmerz des anderen nach, um selbst zu erleben, wie sich es sich anfühlt.

Noch ein bisschen später wird das Kind versuchen selbst zu trösten, indem es seine eigenen Spielsachen anschleppt, das leidende Kind in den Arm nimmt, mit ihm spricht, seine Hand hält oder die gleiche Leidensmine aufsetzt.

Vielleicht sind die Wurzeln dieses Verhaltens angeboren. Wir wissen aber durch viele Untersuchungen und Beobachtungen, dass ein großer Teil erlernbar ist. Ob sich ein Kind einem anderen zuwendet und Trost spendet oder ob es sich teilnahmslos abwendet hängt stark von dem Vorbild und der Erziehung der Eltern ab.

Eltern können ein Kind z.B. darauf aufmerksam machen, dass es durch ein „Fehlverhalten“ einem anderen Leid zugefügt hat: „Schau, wie traurig der kleine Junge ist, weil du ihm das Spielzeug weggenommen hast.“ anstatt „Das war ungezogen.“ Vorleben ist sicher noch mal so wichtig.

Studien haben gezeigt, dass Eltern und Kind sich wortlos mit Blicken über ihre Gefühle abstimmen. Mütter stellen sich oft intuitiv auf die Gefühlslage ihres Kindes ein. Wenn es fröhlich kräht, antwortet die Mutter in derselben Stimmlage und einem fröhlichen Gesichtsausdruck. Weint das Kind oder drohen nur Tränen wird die Mutter sich dem Kind zuwenden, beruhigend, leise und eindringlich mit dem Kind sprechen und es tröstend in den Arm nehmen.

Gefühle werden rational durch Worte ausgedrückt, viel wichtiger ist der emotionale Anteil, der durch Gestik, Gesichtsausdruck, Stimmlage und Modulation zum Ausdruck kommt. Wenn rationaler Teil und emotionaler nicht übereinstimmen oder die Eltern sich verweigern in das Gefühl des Kindes einzufühlen, ist die Reaktion des Kindes Bestürzung und noch mehr Schmerz und Kummer.

Schließlich kann das Gefühlsleben eines Kindes stark verwirrt werden. Wenn seine eigenen Gefühle nicht bestätigt werden, kann es auch nicht lernen, sie anzunehmen und seine Gefühle in der weiteren Zukunft zu erkennen. Erkennt es seine eigenen Gefühle nicht, kann es auch die Gefühle anderer nicht erkennen und auf sie reagieren.

Damit fehlt diesem Kind ein wichtiger Teil, der ihn für das Leben fit machen könnte. Freundschaften oder Liebesbeziehungen beruhen nun mal darauf, dass man sich in eine andere Person hineinversetzen kann.

Glücklicherweise sind wir ein Leben lang lernfähig. Wir können einmal erworbene Defizite später wieder korrigieren. Auch wenn die „Kosten“ dafür hoch sind. Es verlangt dem Veränderungswilligen sehr viel Energie ab. Der Lohn dafür kann dann ein ausgeglichenes und befriedigendes Gefühls- und Liebesleben sein. Und dafür ist doch kein Einsatz zu hoch, oder?

Wichtig ist, dass wir wirklich damit beginnen müssen uns selbst zu lieben und zu akzeptieren. Erst dann können wir uns mit Liebe und Mitgefühl unseren Mitmenschen zuwenden.

Die Freiheit des Alleinseins

Alleinsein

Wo wir auch sind, wohin wir auch gehen, was wir auch fühlen, was wir auch denken, wir sind immer allein.

Eine Erkenntnis, die den meisten von uns Angst macht. Alleinsein, dass scheint etwas Widernatürliches zu sein. Steht nicht schon in der Bibel „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.“?

Ich glaube, dass unsere Angst vorm Alleinsein schon sehr alt und vielleicht sogar von einer Art Ur-Schuld gesteuert wird. Wie Tiere, die besser im Rudel jagen, hat der Mensch im Laufe seines Erdendaseins gelernt, dass es manchmal besser und einfacher ist, sich zusammen zu schließen.

Dennoch komme ich immer wieder zu der Erkenntnis, dass jeder am „Ende des Tages allein schlafen muss“. Verstehen Sie das bitte auch als Metapher.

Wir müssen unseren ersten Atemzug auf Erden allein ausführen. Jede Prüfung in unserem Leben müssen wir allein durchstehen. Jede Krankheit trifft nur uns allein, nur wir können sie auch besiegen. Und am Ende des (Lebens-)Tages gehen wir ganz allein von dieser Welt und treten ganz allein vor unseren Schöpfer.

Ich gehöre zu den Menschen, die sehr gern allein mit sich sind. Ich genieße die Freiheit, meinen Rhythmus zu leben, meine Gedanken zu verfolgen, meine Erkenntnisse zu machen, mich selbst besser kennen zu lernen, über Gott und die Welt nachzudenken ohne Beeinflussung von außen.

Tatsächlich sind die meisten Mitglieder unserer Gesellschaft auf der Flucht vorm Alleinsein. Die einen flüchten sich in die Arbeit, füllen ihren Kalender mit fragwürdigen Alltagsverpflichtungen, die anderen suchen sich andere, in Freundschaft, Ehe, Familie, religiösen Gemeinschaften, in Sportvereinen, vergnügen sich in Filmen, Theater, Konzerten, machen abenteuerliche Urlaube.

Bloß keine Ruhe, bloß keine Stille.

Wir sehnen uns nach Ruhe, Entspannung und finden doch nur Krach und Hektik.

Wir sind Meister in der Ablenkung von unserem wirklichen Leben geworden. Wir brauchen die anderen um uns nicht mit uns selbst auseinander setzen zu müssen. Wir schieben lieber Verantwortung auf andere ab. Sie sagen uns, was wir denken sollen, was wir glauben sollen. Dann sind wir auch nie schuld, sondern haben immer einen Schuldigen zur Hand. Wenn wir nicht glücklich werden, dann sind es immer die Umstände, die anderen, nie wir selbst.

Warum?

Ist uns noch nie die Erkenntnis gekommen, dass egal wohin und wie weit wir laufen, das Ziel immer wir selbst sind. Wir kommen immer wieder bei uns selbst an.
Ist es da nicht sinnvoll, uns selbst besser kennen zu lernen, zu erforschen, wer wir sind, was wir glauben, was wir wollen?

Fragen Sie sich doch am besten heute noch:

  • Warum erwarten Sie Verständnis und Liebe von anderen und nicht von sich selbst?
  • Warum vertrauen Sie der Meinung und Aussagen anderer mehr als ihren eigenen?
  • Warum glauben Sie, dass Sie Ihr Leben nur mit Hilfe anderer meistern und bewältigen können?
  • Warum suchen Sie die Antworten auf wichtige Fragen Ihres Lebens lieber anderswo und nicht in sich selbst?
  • Wie viel Zeit nehmen Sie sich täglich um das glückliche Alleinsein zu üben?

Überlegen Sie sich:

  • Wie oft sind Sie aufgrund wohlgemeinter Ratschläge von anderen in einer Sackgasse gelandet?
  • Wie oft sind Sie in eine ungewollte Abhängigkeit gestolpert, weil Ihnen jemand geholfen hat?

Sagen Sie sich:

  • Ich warte nicht darauf, dass andere mich lieben und anerkennen, sondern fange an mich selber zu mögen.
  • Je besser ich mich mag, desto weniger bin ich auf das Wohlwollen anderer angewiesen.

Die Angst vorm Alleinsein weicht dann einer großen inneren und in Folge davon einer äußeren Freiheit. Diese Freiheit resultiert daraus, dass wir anfangen das Leben zu betrachten, wie es ist, und nicht, wie es andere möchten, dass wir es sehen.

Selbstliebe

Spiegelbild

Persönlichkeit und Selbstliebe hat häufig mit moralischen Werten, Glaubensmustern „wie die Dinge sein sollten“ und tief sitzenden Suggestionen, die wir von Eltern, Lehrern oder der Gesellschaft aufgenommen haben, zu tun. Diese Werte sitzen oft sehr tief, sodass schnell ein innerer Widerstand entsteht, wenn wir uns ihnen nähern.

Dem Thema Selbstliebe sollten wir uns sehr, sehr vorsichtig aber offen annähern und vor allem unserem Unterbewusstsein genug Raum geben, um sich langsam und mit wirklicher Überzeugung von alten Mustern zu lösen.

Auch wenn wir im christlichen Glauben erzogen worden sind, denken wir eigentlich nicht über den Inhalt des Gebotes „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ nach. Bedeutet das nicht, dass ich mich erst selbst lieben lernen muss, um auch meinen Nächsten zu lieben?

Im Elternhaus, in der Schule und in der Gesellschaft lernen wir, wie man sich anderen gegenüber verhalten sollte. Immer wieder wird uns gesagt, dass wir anderen respektvoll, tolerant, wertschätzend, liebevoll, aufmerksam, geduldig oder höflich gegenübertreten sollen.

Aber wer lehrt uns, wie wir mit uns selbst umgehen sollten?
Werden wir ermahnt, einmal etwas höflicher zu uns selbst zu sein?
Werden wir darauf aufmerksam gemacht, etwas toleranter gegenüber uns selbst zu sein?

Sich selbst zu lieben klingt für viele irgendwie ungut, nach Narzissmus, nach Egoismus, nach Schmuddel-Ecke. Auch nach unsozial und rücksichtslos.

Aber Selbstliebe ist sehr wichtig!

Selbstliebe bedeutet, sich selbst die gleiche Aufmerksamkeit und Wertschätzung zuzugestehen wie einem Freund, einem Familienmitglied oder einem anderen Menschen, den man gerne hat.

Sollten wir nicht unser eigener bester Freund sein?
Ein Freund, der uns fördert, der uns unsere Stärken aufzeigt, der uns lobt, wenn wir etwas geleistet haben?
Ein Freund, der uns tröstet, der uns motiviert, der uns auch mal verzeiht, wenn wir etwas falsch gemacht haben und uns Mut macht?
Ein Freund, der uns so annimmt, wie wir sind, der uns dabei helfen möchte, glücklich zu werden und das zu erreichen, was wir zu erreichen wünschen?

Lernen Sie sich selbst zu lieben. Hören Sie in sich hinein, welche Gedanken Ihnen beim Lesen des Textes in den Sinn gekommen sind.

Sie werden sehen wie schön und angenehm es ist, wenn man sich selbst ein Freund ist.

Selbstliebe

Wie schnell urteilen wir hart über uns selber:
Was hast Du denn da wieder für einen Mist gemacht…
Kannst Du nicht besser aufpassen, du Schussel…
Nun mach mal ein bisschen, viel Zeit bleibt nicht mehr…
Wie siehst Du nur aus… zu dick, zu dünn, zu faltig, zu alt, zu hässlich…

Das kennt wohl jeder. Wir gehen meist sehr rüde mit uns selbst um.  Aber wie können wir gedeihen, wenn wir uns ständig mit negativer Energie bombardieren, wenn wir uns unsere Fehler oder Defizite nicht verzeihen können?

Stattdessen sollten wir uns liebevoll zuwenden:
uns loben für die Dinge, die wir können,
uns wohlwollend im Spiegel betrachten und die schönen Seiten sehen.
Auch wenn ein Körperteil durch eine Verletzung oder eine Krankheit nicht funktionsfähig ist, dann seien Sie einfach nett zu ihm:
Loben Sie, wenn etwas besser geht als den Tag zuvor,
machen Sie Mut, wenn es mal wieder schlechter wird,
feiern Sie jeden Fortschritt,
seien Sie zufrieden, wenn sich nichts verschlechtert.

Wir lernen durch unsere Erziehung und unser Schulsystem meist nur unsere Fehler und Defizite kennen. Wir lernen sie ernst zu nehmen und bringen unser Selbstwertgefühl in Verbindung mit der Kritik an unserer Leistung oder unserer Person. Wären wir anders erzogen worden, hätten wir gelernt uns über unsere Fehler und Mängel zu freuen, denn sie sind es, die uns zu Erkenntnis und Lernerfolg führen. Kritik würde uns dann nicht schwächen sonder stärken.

Deshalb möchte ich Sie ermuntern jeden Fehler, jeden Mangel mit Freude anzunehmen, als Chance etwas in Zukunft besser zu machen oder einfach nicht wieder zu machen oder anders zu sein.

Lernen Sie sich selbst zu lieben so wie Sie sind, das ist kein Egoismus. Es ist vielmehr eine Vorbedingung dafür, dass Sie Liebe auf andere Menschen ausdehnen können. „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.“

Ohne Liebe kann nichts blühen und wachsen… weder Kinder noch Tiere noch Pflanzen…  und schon gar nicht wir selbst.

Spielen Sie die kommende Woche einmal Detektiv:
Spüren Sie Ihre negativen Gedanken auf. Stellen Sie diese infrage, suchen Sie Beweise dafür und dagegen, hinterfragen Sie sie (Ist das logisch? Ist das wirklich eine Tatsache?) Versuchen Sie sich selbst von der positiven Gegenseite zu überzeugen. Malen Sie sich den schlimmsten Fall aus und fragen Sie sich dann, ist das wirklich so schlimm?