„Woran glaubst du?“ ist das Thema der ARD in dieser Woche. In der Sendung „plusminus“ wurde dazu ein Beitrag gesendet, der mehr oder minder meine Erkenntnisse der letzten Jahre bestätigte. Er war getitelt mit „Esoterik für alle: Wie Ersatzreligionen an unser Geld kommen“.
Eins vorne weg:
Esoterik ist ein knallhartes Geschäft, deren Umsatz bei 20 bis 25 Milliarden liegt. Trendforscher sprechen 2025 sogar von 30 Milliarden Euro. Da ist es normal, dass sich auf dem Sektor nicht nur „gute“ Menschen betätigen, sondern auch welche, die es nur auf das Geld abgesehen haben.
Manchmal ist es die Neugier, die Menschen in die Esoterik-Szene treibt, um einfach mal etwas auszuprobieren, was eigentlich nach ihrem Verstand nicht möglich ist. Wenn es doch aber andere schon positiv erlebt haben. So wurde in dem Beitrag über eine Dame aus Rosenheim berichtet, die über eine Zeitungsannonce auf eine in Oberbayern angesiedelte Gemeinschaft aufmerksam wurde: „Ich wollte mit den Engeln sprechen oder dass jemand für mich mit den Engeln spricht, das hat mich berührt und damals angesprochen.“ Sie saß wie viele andere in der ersten Reihe bei Esoterik-Kongressen, gab Geld für Weiterbildungen innerhalb der Gruppe und teure Engelsessenzen aus. Irgendwann drehte sich ihr komplettes Leben nur noch um geistige Energien, Engel und Channelings.
Und glauben Sie nun bitte nicht, dass hier nur geistig Verwirrte oder einfach-denkende Leute angesprochen werden. Vielmehr sind die Kunden häufig kreative Leute aus der höheren Bildungsschicht.
Hinzu kommt, dass viele Menschen der Schulmedizin nicht mehr trauen und nach alternativen Wegen suchen. Dabei sind Heilungsangebote, die vorgeben Schulmedizin zu ersetzen, besonders riskant.
Mir ist aus dem Jahr 2004 die Geschichte des 9-jährigen Dominik Feld in Erinnerung geblieben. Wahrscheinlich weil der Ohrenarzt meines Vaters dabei eine unsägliche Rolle als betreuender Arzt spielte. Den Eltern von Dominik wurde, nachdem die Schulmedizin nicht erfolgreich war, vorgegaukelt, dass durch die Anwendung der Zellularmedizin (Zell-Vitalstoff-Behandlung) von Dr. med. Matthias Rath das Kind geheilt werden könnte. Der Ausgang war leider tödlich. Ich fragte mich schon damals, was macht ein Ohrenarzt als Krebsarzt, warum kann ein Ohrenarzt mit Praxis in Niedersachsen einen Jungen in Tijuana, Mexiko, betreuen, uvm.?
Was mich zu einem weiteren Punkt führt. Wer bietet da eigentlich seine Produkte an, mit welcher Qualifikation, mit welchem Hintergrund und mit welcher Berechtigung? In Deutschland gibt es viele kleine Anbieter, die sich auf dem Markt tummeln. Über das Internet und über Mundpropaganda finden Sie ihre Anhänger. Oft werden Konsumenten nach einiger Zeit selbst zu Anbietern: Sie besuchen privat organisierte, oft teure, Seminare und nennen sich danach selbst „Engelsmedium“, „Auraseher“ oder „Heiler“.
Soweit der Beitrag der ARD mit ein paar Anmerkungen aus meiner Erfahrung.
Nun bin ausgerechnet ich selbst so „EINE“, die sich unter anderen auch nicht-wissenschaftlicher Methoden bedient. Weder Kinesiologie, Feng-Shui, Radiästhesie noch Reinkarnationshypnosen sind wissenschaftlich bewiesen.
Ein kleines bisschen über den Gartenzaun schauen hat noch nie geschadet. Ich persönlich probiere gern etwas aus und entscheide dann für mich und danach für meine Kunden, ob es sich um etwas handelt, das weiter gegeben werden kann. Dabei ist nur eins nicht diskutierbar für mich: es darf kein Schaden angerichtet werden, weder physisch, psychisch und finanziell.
Jedem Wissenschaftler tut es gut auch Randbezirke zu erforschen und das zu zulassen, was heute noch im Bereich des Unbewiesenen liegt. Die Menschheit wäre sonst noch im tiefsten Mittelalter gefangen, wenn es nicht mutige Menschen gegeben hätte, die über den Tellerrand hinaus etwas ausprobieren. Ich plädiere sogar dafür, dass es ein Pflichtfach für alle angehenden Wissenschaftler gibt, in dem die Fantasie sich einmal so richtig ausleben darf und neue Sichtweisen und Ansätze ausprobiert werden. Jedes wissenschaftliche Ergebnis basiert auf solch innovativen Ansätzen von Weiter- und Querdenkern.
Liebe Wissenschaftler, lasst den Paradigmen-Wechsel zu! Denkt über das Mögliche auch an das Unmögliche.
Für die, die allerdings Unmögliches ungeprüft als die reine Wahrheit sehen, möchte ich mit auf den Weg geben: Glaubt nicht alles, was „alternativ“ ist. Seid kritisch, hinterfragt und probiert ruhig aus. Auch wenn positiv Denken sehr gut ist, bewahrt einen kleinen Teil in euch, der kritisch bleibt und fragt euch, welchen Nutzen habe ich und welchen Nutzen bringt es dem Anbieter.
Glaubt nicht alles, aber verweigert auch nicht alles. Wählt den Mittelweg, der weiter die Möglichkeiten bietet, nach rechts oder links abzubiegen.
Oder mit anderen Worten: bleibt ausgewogen, im Gleichgewicht. Mein Lieblingsbeispiel ist die Taichi-Monade: im Dunkeln ist immer ein Kern von Licht und im Licht immer ein Kern von Schatten.
In diesem Sinne: findet eure Mitte!