aus meinem Lesebuch der 2. Klasse „Die Gute Saat“ von Gudrun Keussen
Meine Großmutter hatte die Gabe Vogelstimmen mit Lautmalerei in Plattdeutsch zu imitieren. Wenn ich wieder mit Hingabe die Vögel an ihren Futterstellen beobachtete, dann erzählte sie mir, wie die Vögel sich gerade unterhielten. Eine Geschichte habe ich besonders gut behalten.
Die Meisen, die gerade an dem umgedreht aufgehängten mit Talg und Sonnenblumenkernen gefüllten Tontopf naschten, riefen ganz aufgeregt:
„Isse fett, isse fett!“
Der Rabe, der im Feld einen Knochen erwischt hatte, antwortete:
„Knoken dröge, Knoken dröge.“
Und ich konnte das Gespräch nun auch hören.
Hier noch ein Rätsel aus meinem Lesebuch der 2. Klasse „Die Gute Saat“.
Was ist das für ein Bettelmann?
Er hat ein kohlschwarz Röcklein an
und läuft in dieser Winterzeit
vor alle Türen weit und breit,
ruft mit betrübtem Ton: „Rab! Rab!
Gebt mir doch einen Knochen ab!“
Diese kleinen „Geschichtchen“ vergisst man ein Leben nicht. Sie bringen einem Kind die Natur richtig nah, weil man dann jedes Tierchen und die Pflanzen gut beobachtet. An so eine Oma ist die Erinnerung mit ganz vielen Glücksgefühlen verbunden, oder?
Ich habe wirklich ganz viele Erinnerungen an diese Großmutter. Manchmal denk ich, dass ich über die vielen Sprüche, die sie kannte, ein Buch schreiben sollte.