Die Physiologie der Wut

ueberschwemmung

Eine Zen-Geschichte erzählt am besten etwas über Wut und Beherrschung.

>> Ein großer, harter Samurai ging einmal einen kleinen Mönch besuchen. „Mönch“, sagte er in einem Ton, der sofortigen Gehorsam gewohnt ist, „lehre mich etwas über Himmel und Hölle.“

Der Mönch sah zu dem mächtigen Krieger auf und entgegnete voller Verachtung: „Dich etwas über Himmel und Hölle lehren? Überhaupt nichts kann ich dich lehren. Du bist schmutzig. Du stinkst. Deine Klinge ist rostig. Du bist eine Scham und Schande für die Klasse der Samurais. Geh mir aus den Augen. Ich kann dich nicht ertragen.“

Der Samurai war wütend. Er zitterte, wurde ganz rot im Gesicht, war sprachlos vor Wut. Er zog sein Schwert und hob es in die Höhe, um den Mönch damit zu erschlagen.

„Das ist die Hölle“, sagte der Mönch sanft.

Der Samurai war überwältigt. Das Mitgefühl und die Ergebenheit dieses kleinen Mannes, der sein Leben hergab, um ihm diese Lehre zu geben und ihm die Hölle zu zeigen! Langsam senkte er sein Schwert, erfüllt von Dankbarkeit und plötzlichem Frieden.

„Und das ist der Himmel“, sagte der Mönch sanft. <<
http://www.kusunoki.de/geschichten/geschichte022.htm

Zorn entspricht dem Kampf-Anteil der Kampf-Flucht-Reaktion, die der Mandelkern auslöst.  Dabei muss ein Kampf-Auslöser keine wirkliche körperliche Gefährdung sein, sondern die Reaktion kann auch durch Beleidigung, die Vereitelung eines vermeintlich wichtigen Zieles, Erniedrigung, durch die Bedrohung der Selbstachtung und der Würde hervorgerufen werden.

Wenn eine betroffene Person das so wahrnimmt (und Wahrnehmung ist immer subjektiv), dann setzt das limbische System einen Kraftstoß mittels des Stresshormons ACTH im Körper frei, der diesen auf kraftvollen Kampf oder schnelle Flucht vorbereitet, je nachdem wie er sein Gegenüber einschätzt. Dieser Kraftstoß hält einige Minuten an.

Gleichzeitig werden vom Mandelkern eine Mischung aus Adrenalin, Noradrenalin und weiteren Stoffen in den Kreislauf ausgeschüttet. Diese Mischung hält Stunden sogar Tage an. Das emotionale Gehirn wird in einem Zustand der Erregung gehalten.

Wurde nun der betroffene Mensch bereits vor der eingetretenen Bedrohung provoziert oder verärgert, so schaukelt sich der Erregungszustand hoch. Bis ein kleiner weiterer Anlass das System zum Überlaufen  bringt: ein Wutanfall.

Zorn nährt Zorn: Eine Woge, die noch nicht verebbt ist, schaukel sich hoch mit der nächsten Ausschüttung des körpereignen Hormon-Cocktails. Das emotionale Gehirn läuft heiß. Es kann durch keine Vernunft mehr gebremst werden. Der wütende Mensch greift auf die übelsten Reaktionen zurück, die ihm das Leben je beigebracht hat.

Zorn kann an zwei Stellen besänftigt werden. Sofort, wenn das erste Gefühl einer Zorneswallung auftaucht, kann darauf eingegangen werden, in dem das Gefühl „thematisiert“ wird. Es wird hinterfragt und in Frage gestellt. Dazu braucht man allerdings Übung.

Danach wird es deutlich schwieriger. Wir wissen, dass Zorn Zorn nährt. Dem Wutentbranntem darf auf keinen Fall weiter Öl ins Feuer geschüttet und damit sein Erregungszustand weiter erhöht werden. Wie meine Großmutter gesagt hätte, ein Feuer brennt allein nicht lange. Deswegen ist es oft sinnvoll sich aus der belastenden Situation wie einem Streit oder ähnlichem zu entfernen. Ein Spaziergang in der Natur, wenn einem der Wind ordentlich durch das Gehirn bläst, kann deeskalierend wirken.

Wer schon Entspannungstechniken beherrscht, kann auch diese anwenden. Der Rat „bis 10 zählen und erst dann antworten“, kann genauso regulieren wie „einmal um den Block rennen“, Spielen oder eine Betätigung, die uns normalerweise Freude macht.

Alle diese Methoden wirken am besten, wenn man sie schon beim ersten Auftauchen von zornigen Gedanken einsetzt. Dazu muss man zuvor lernen, die ersten Anzeichen richtig zu werten.

Damit wollen wir uns nächste Woche beschäftigen.

Die Angst und ihre Schöpfer

Angst besiegt

Angst und die Reaktion darauf, Kampf oder Flucht, ist eine instinktive Überlebensstrategie.

Was machen wir aber mit Ängsten oder auch „nur“ Besorgnissen, bei denen es nicht rein ums Überleben geht?

Fast jeder kennt die Angst vor dem Zahnarzt. Auch wenn wir uns doch ziemlich sicher sein können, dass wir lebend den Zahnarztstuhl verlassen werden. Oder die Angst vorm Fliegen, obwohl statistisch gesehen jede Autofahrt gefährlicher ist.

Die Medien schüren Lebensängste aus reiner Quotengier und Sensationslust:
Wie real ist ein terroristischer Angriff auf z.B. den Münchner Hauptbahnhof? Und doch wird die Gefahr terroristischer Angriffe immer wieder thematisiert.
Wie wahrscheinlich ist eine Wiederholung eines Flugzeugabsturzes ähnlich des Germanwing-Falles? Und trotzdem werden Gegenmaßnahmen wochenlang öffentlich diskutiert und sogar eine Mathematik-Aufgabe, in der Abiturienten zeigen mussten, dass eine Bergspitze nicht auf der Route eines Flugzeugs liegt, in Bezug gebracht.

Ein anderes Kapitel sind die alternativen Heilbringer.
Da geht es um Angst vor digitalen und Elektrosmog, vor Aluminium, Almagam, Fluorid, Antibiotika, Impfung, Fracking, Windrädern und vieles mehr. Da werden Mutter Erde, die Geister der Natur, heilige Orte, geistige Wesen angerufen und um Verzeihung und Zuneigung gebeten.

Klar finde ich auch manche Dinge bedenklich. Aber vermeintliche Gefahren erzeugen genauso Angst wie echte Lebensbedrohungen.

Angst in ihrem natürlichen, positiven Zustand verschwindet, wenn das Ereignis beendet ist. Durch die wiederholten Medienberichte wird die Angst in dauerhafter Aufmerksamkeit gehalten. Das ständige Wachhalten wird die Angst nicht beenden und ihre negativen Aspekte können Oberhand gewinnen.

Die ständige Wiederholung bewirkt, dass sich die Angstreaktion im Gehirn festsetzt. Sobald wir der Stimme der Angst Glauben schenken, hält sie die Zügel über uns in der Hand. Um wieder Herr über die Angst zu werden, brauchen wir nun viel Kraft und Energie.

Wir können uns aber vor Augen halten:
Katastrophenszenarien werden äußerst selten Wirklichkeit.
Meine Angst ist ein Gefühl. Ergibt dieses Gefühl Sinn?
Mir widerfährt augenblicklich nichts Schlimmes.

Wenn Sie der Stimme der Angst auf diese Weise erst einmal begegnet sind, dann haben Sie Zeit gefunden, die Situation realistisch einzuschätzen. Viele Ängste und Besorgnisse sind bei realistischer Betrachtung ungerechtfertigt.

Angst ruft Erinnerungen und Erfahrungen aus ähnlichen Situationen wach. Oft sind es Erinnerungen aus der Kindheit, die hartnäckig unser Leben bestimmen.
Fragen Sie sich:
Verhalte ich mich wie ein Kind?
Welche Gefühle könnten heute besser entsprechen?
Ist das nur die Erinnerung, die mir einen solchen Schrecken einjagt?

Angst macht im allgemeinen stumm. Man schämt sich der Angst und möchte nicht, dass andere darüber etwas erfahren.

Genau da setzt die nächste Chance an, die Angst zu besiegen: Reden Sie über Ihre Gefühle.

Schweigen verschlimmert die Sache nur.
Es gibt vielleicht jemanden, der genau dasselbe erlebt und überlebt hat.
Nicht jeder denkt in der Sache schlecht über mich.
Von allein verschwindet die Angst nicht.

Machen Sie sich klar:

Wie beängstigend die Situation auch sein mag, ich werde daran nicht sterben.
Um das Problem zu lösen, muss ich das Risiko eingehen und nicht davor weglaufen.
Je mehr ich mich der Angst stelle, desto kleiner wird sie und endlich vielleicht sogar verschwinden.

Aus diesen Gründen kann es schon hilfreich sein, wenn Sie einen Termin bei einem Coach oder Therapeuten vereinbart haben. Allein, dass Sie Ihr Angst zugeben und benannt haben, kann schon heilend wirken.

Jeder Schritt hilft Ihnen bei der Zurückgewinnung der Klarheit über eine Situation. Allein dadurch, dass Sie wissen, wie Ihre Angst zustande kommt, gibt Ihnen die Kontrolle über Ihre Gedanken und Gefühle zurück.

Sie sind wieder Schöpfer Ihrer ganz persönlichen Wahrheit und Wohlbefinden.