Mein Burn-out

Frage:
Sie haben einen Burn-out gehabt?
(Diese Frage stellte mir ein überraschter, ehemaliger Kollege.)

Antwort:
Es fing damit an, dass ich die magische Altersgrenze mit der 5 vorne dran überschritt.

Zu alt!

Zu alt wofür? Zu alt um innovativ zu sein. Zu alt, um mit Kunden zu verhandeln. Zu alt, um Mitarbeiter zu führen. Zu alt, um… das Arbeitsleben zu verstehen… Zu alt für meine Chefs, denen mein Widerspruch und meine Denkweise nicht gefiel. Zu alt für meine jüngeren Kollegen, die schon das Fell des Bären teilten, bevor er erlegt war.

Da wurde ich geschnitten, herabgesetzt, hin- und hergeschoben, an den Katzentisch gesetzt. Ich hatte wundersamer Weise immer wieder Mentoren, die mich wieder aufrichteten und mir Möglichkeiten boten. Dann kam aber hinzu, dass meine Eltern aus gesundheitlichen Gründen, nicht mehr allein bleiben konnten. Sie zogen zu uns. Auch wenn wir das wirklich wollten und es heute wieder tun würden, ist das eine große Belastung. Zwei Jahre nach dem Einzug knallte es dann auch richtig.

Ich wachte eines Morgens auf und konnte nicht mehr laufen. Den Weg durch den Flur bewältigte ich wie volltrunken, an einer Seite anstoßend und zur anderen torkelnd. Ich hatte kein Gefühl mehr in den Beinen und Händen. Beim Blick auf die eigentlich sauber gerade verlegten Fliesen, gingen die Linien auf einmal auseinander. Das Radio klang seltsam blechern. In mir stieg Panik auf. Ich rief meine Schwester an und erkannte, dass auch das Sprechen, die Wortfindung, Probleme machte. In meinem Kopf machte sich die Erkenntnis „Schlaganfall“ breit.

Eine Odyssee durch die Ärzteschaft begann. Nacheinander wurden ziemlich viele schreckliche Erkrankungen ausgeschlossen, allerdings kam auch keiner zu einem wirklichen Ergebnis.

Der Neurologe und Psychologe tippte als letzter in der langen Reihe der Ärzte auf „familiäre“ Überlastung durch meine Eltern und riet mir wieder arbeiten zu gehen. Also zurück in die Schlangengrube. Da ich immer noch nicht richtig geradeaus laufen konnte, brachte mich meine Schwester jeden Tag zur Arbeit und holte mich auch wieder ab, hin und zurück fast drei Stunden.

Ich hielt es dort noch genau drei weitere Jahre aus. Mein Körper spielte mehr oder weniger wieder mit, gab mir aber auch noch einige Warnschüsse vor den Bug. Er entzog mir sprichwörtlich zweimal den Boden und ich stürzte schwer, so dass ich eine lange Zeit krankgeschrieben war.

Dann ergab sich die Gelegenheit, ein neues Leben aufzubauen. Dafür bin ich unendlich dankbar. Ich habe nicht einen Tag bereut, das sichere Angestelltenverhältnis gegen die unsichere Selbstständigkeit, getauscht zu haben. Auch wenn das Finanzamt mir ab und an im Nacken sitzt. Das vielleicht einmal später.

Eine ganze Zeit später habe ich an einem Abend eine Talk-Shaw verfolgt, in der ein Gast von seinen, meinen ähnelnden, Schwierigkeiten berichtete. Er erzählte, wie schnell sein Hausarzt reagiert und ihn gleich in eine psychosomatische Klinik eingewiesen hat. Mir liefen nur die Tränen über das Gesicht. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, zu heulen. Das war genau das, was mir auch wiederfahren war. Nur, bei mir hatte das keiner erkannt.

Ja, heute noch habe ich, wenn ich unter Druck gerate oder wieder alles auf einmal machen möchte, diese Gefühlsstörungen in den Füßen. Und ich kann heute noch nicht während des Spazieren Gehens, gleichzeitig erzählen und andere anschauen, sonst  komme ich wieder ins „Schleudern“.

Alles in allem bin ich mit meinem heutigen Leben zufrieden und dankbar dafür. Ich wünsche meinen Mitmenschen keine ähnliche Erfahrung. Leider glaube ich allerdings, dass meine Erlebnisse kein Einzelfall waren. Ich glaube nicht, dass ich besonders boshafte Chefs, Mitarbeiter und Kollegen hatte. Ganz im Gegenteil. Ein ehemaliger hochrangiger Chef hat sich Jahre später sogar bei mir für sein Verhalten entschuldigt. Er sagte, er hätte auch nur funktioniert und unter Druck mitgemacht, was andere wollten.

Das ist die Gefahr, dass Ehrgeizlinge, Unbedarfte, Naive und Dumme von Zeit zu Zeit die Oberhand gewinnen.

Mein persönlicher Ehrgeiz ist der, andere Menschen stark zu machen, dass sie mit Energie, Selbstbewusstsein und Lebensfreude das (Arbeits-)Leben meistern. Ein Beitrag dazu ist mein Buch „Entdecke deinen inneren Helfer“.

Neugier, positive Erwartung und Selbstvertrauen

Neugier

„Ich war gestern ganz traurig, als ein kleines Mädchen (dritte Klasse) auf die Frage wie es in der Schule war, nur antworten konnte:
Es war so anstrengend. Ich schaffe es bestimmt nicht, in eine andere Schule zu kommen. Ich bin nicht gut, nur in Sport. Aber ich reite gerne, Trampolinspringen ist toll, dann war Schweigen. Dabei sollte sie nur mal sagen, was ihre Lieblingsfächer sind.
Ist das nicht schrecklich? Sie schaut nicht frohen Mutes in die Zukunft, sieht alles nur schwarz.
Wer hat diesem kleinen Mädchen das Vertrauen zuversichtlich in die Zukunft zu schauen geraubt und es durch die Angst unfrei werden lassen? Die Versagensangst wird sich unweigerlich durch das ganz weitere Leben ziehen, das Gefühl bleibt.“

schrieb eine Leserin meines Blog-Beitrages vom 20.03.2015.

Ich selbst höre wiederholt ähnliches Aussagen von Müttern und Großmüttern. Kommen Erstklässler schlecht gelaunt nach Hause, heißt es: „Die sind jetzt erschöpft und müssen sich erst einmal abreagieren und ausruhen.“

„Erschöpft“ – von was denn? Vom Stillsitzen, vom Konzentrieren?

„Abreagieren“ – muss man das nicht nur, wenn man frustriert ist, wenn einem etwas Unangenehmes passiert ist?

Weiter höre ich von Lehrern, dass die Kinder heute nicht mehr still sitzen können, dass sie müde in die Schule kommen, dass sie erst einmal in die Kuschelecke müssen.

Dabei sollte die Schule doch ein Quell der Neugier und Wissensbefriedigung und des Wissenserwerbs sein.

Gleichgültig, ob wir nun über Schüler, Studenten oder die arbeitende Bevölkerung reden, wichtig sind drei Dinge:

Wenn wir mit Neugier eine Aufgabe angehen, mit einer positiven Erwartung auf die Lösung hoffen und mit Selbstvertrauen an die Bewältigung der Aufgabe herangehen, werden wir wahrscheinlich zu einem positiven Ergebnis kommen. Wie in einer Aufwärtsspirale führt die Lösung der Aufgabe zu mehr Selbstbewusstsein, was wiederum die Neugier und die Lust auf weitere Aufgaben anheizt.

Gehen wir dagegen mit negativer Erwartungshaltung und Angst an neue Aufgabenstellungen heran, haben Selbstzweifel, ob wir die Aufgabe bewältigen können, dann ist die Situation nur belastend und wir versuchen die Situation möglichst zu vermeiden und werden die Aufgabe sicher nicht lösen. Was weiter zu mehr Angst und negativer Haltung führt.

Sind wir sehr lange großem Stress ausgesetzt, erhöht sich das Risiko einer depressiven Verstimmung. Wobei Stress nicht nur durch Überforderung sondern auch Unterforderung ausgelöst werden kann. Wir reden gern über überforderte Manager oder Schüler und Studenten. Aber auch Arbeitslosigkeit, längere Phasen von Einsamkeit und gesellschaftlicher Isolation (wie Mobbing) können als äußeres Ereignis depressive Stimmungen hervorrufen.

Wenn wir dann auch noch durch Lehrer, Dozenten, Chefs oder im familiären Umfeld erfahren, dass wir wenig eigene Kontrolle über unser Leben haben, dann kann es passieren, dass wir fest an folgende Dinge glauben:

Das war mein Fehler.
Ich bin nicht gut genug.
Es wird nicht gut gehen.
Da kann ich nichts machen.

Denken Sie doch besser wie die Kölner und bitte vermitteln Sie das auch Ihren Kindern:

Et kütt wie et kütt und et hätt noch emmer joot jejange.
(Es kommt wie es kommt und es ist noch immer gut gegangen.)