Trauer, Melancholie, Depression

dark clouds

Manchmal ist man für düstere Stimmungen empfänglicher, gerade wenn die Nachrichten viele Schreckensmeldungen für uns bereit haben oder das Wetter grau in grau ist. Trauer und Melancholie gehören zum Leben wie Freude und gute Laune. Wenn man aber nicht mehr aus solch einem Stimmungstief herauskommt, wenn sich eine Depression entwickelt, dann braucht man Hilfe.

Selbst aus Trauer und melancholischer Gemütslage kann sich nicht jeder selbst befreien, weil die Gefühle keine adäquate Reaktion zulassen oder man schlicht keine Strategie dafür hat.

Aus eigener Erfahrung möchte ich über Traurigkeit und Melancholie, die wir aus eigener Kraft besiegen können, berichten.

Am 1. Juni jährte sich der Tag, dass ich meiner Mutti das letzte Mal die Schuhe angezogen, mit ihr gemeinsam auf den Bus zu ihrer Tagespflege gewartet und ihr nachgeschaut habe, wie sie zum Bus ging. Vor einem Jahr ist sie gestürzt, hat sich einen Oberschenkelhals gebrochen und kam nicht mehr nach Hause. Auch wenn nun schon fünf Monate vergangen sind, dass sie nicht mehr auf dieser Welt ist, so fühle ich bei solchen Anlässen Traurigkeit aufsteigen.

Was ist Trauer eigentlich?

Erleiden wir einen Verlust hat das auf unsere Gemütsverfassung fast immer gleiche oder ähnliche Auswirkungen: Das Interesse an Vergnügungen schwindet, unsere Aufmerksamkeit beschäftigt sich mit dem Verlust und schwächt unsere Energie für das tägliche Leben. Trauer zwingt uns zu einer besinnlichen Abkehr vom Alltag und versetzt uns in einen außergewöhnlichen psychischen Zustand, in dem wir darüber grübeln, was dieser Verlust für uns bedeutet.

Nach einer angemessenen Zeit, die für jeden individuell zu bemessen ist, sollte die Abkehr vom Alltag und der psychische Sonderzustand umschlagen in Aktivität mit neuen Plänen, in wieder Zuwendung zu Geselligkeit und Freude.

Trauer ist sinnvoll, um Abschied zu nehmen, die neue Situation zu überdenken.

Melancholische Stimmungen zu einem Verlust dürfen meines Erachtens auch zu bestimmten Anlässen wieder auftauchen. Erinnerungen werden sich mit der Zeit aber wandeln, von Traurigkeit in positive Erinnerungen. Wenn ich heute an meine Mutter zurückdenke, dann sind es Anlässe, die Erinnerungen an sie wecken: schöne, lustige und manchmal auch die, die ich „Ach-Mutti“ nenne. Ich denke an sie, wenn ich ihre Lieblingsspeise zubereite, wenn ich eine von ihr besonders geliebte Blume sehe oder erinnere mich, wie sie mit ihrem Gehstock in ein Blumenbeet pikste und dazu sagte, „da musst du aber mal das Unkraut zupfen“. Ich erinnere mich mit einem inneren Lächeln.

Wenn die Phase der Traurigkeit, der Zurückgezogenheit aber nicht enden will, sondern sich in allgemeine Freudlosigkeit, Entsetzen, Angst, Konzentrationsmangel, Schlafstörung oder gar Verwirrtheit äußert, dann ist die Grenze zur Krankheit überschritten.

Wer keinen Neuanfang sieht oder für möglich hält, wer seine Verzweiflung, seinen Schmerz mit nichts mindern kann sondern ins Unerträgliche steigen sieht, wer glaubt Ausscheiden aus dem Leben sei der einzige Ausweg, der leidet an einer tiefen Depression. Da können nur erfahrene Therapeuten, Medikamente und vielleicht ein Krankenhausaufenthalt helfen.

Ich bin ein Mensch, der sich lieber zurückzieht, für  sich bleibt und wie ein waidwundes Tier seine Wunden im Verborgenen leckt. Diese Zeit des Rückzug brauche ich, um mir den Verlust klar zu machen und über Strategien nachzudenken, wie ich ohne ihn klarkommen werde. Erst dann verspüre ich wieder den Drang mich unter andere Menschen zu mischen. Wenn es allerdings jemand wagt, in meinen Rückzugsort einzudringen, reagiere ich eher erleichtert darüber und teile mich auch gern mit, nehme ich Anteilsbekundungen gern entgegen.

Den meisten Menschen hilft es aber, sich unter Leute zu begeben. Geht mit Freunden essen, besucht Sport- oder Musikveranstaltungen, geht ins Kino. Macht alles, was euch ablenkt, zusammen mit Freunden oder der Familie. Das hilft gut, wenn die Aktivitäten tatsächlich von der Trauer ablenken, man die gedrückte Stimmung eine Zeit lang vergessen kann. Wenn man die Anlässe allerdings nur dazu nutzt, über die Trauer zu reden, immer wieder durchzukauen, dann kann es leider auch die trübe Phase verlängern.

Sport oder jegliche andere körperliche Betätigung kann auch helfen. Wenn mein Herz mal wieder „aus dem Takt“ zu kommen droht, gehe ich in den Garten oder putze mein Zuhause. Danach geht es mir immer besser.

Und vor allen Dingen schaut nach vorn. Der Blick zurück ist nicht verboten, aber hütet euch, immer wieder über neue Aspekte und Sorgen nachzugrübeln. Glaubt mir, die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Es ist besser sie anzunehmen und die Zukunft neu zu gestalten.

Vor allen Dingen, holt euch Hilfe, wenn das schwarze Loch nicht kleiner wird.

Ein wenig unglücklich sein

Welchen Nutzen kann unglücklich sein haben? Hat es überhaupt einen Nutzen? Wenn es keinen Nutzen hat, warum existiert Unglück so hartnäckig?

Nach einer ARD-Woche vom Glück schreit mein Inneres geradezu nach diesen Fragen. Soviel Glück wie uns Fernsehen und Radio diese Woche vorgesetzt haben, ist doch einfach nicht zum Aushalten!

Die Suche nach Glück verleitet uns dazu, nach manchen Dingen zu streben während wir andere wie die Pest meiden.

Wenn wir der Suche nach dem Glück und den Anleitungen dazu folgen könnten, dann wären wir alle schlanke, sportliche, gesunde, mehrsprachige, erfolgreiche, unabhängige Milliardäre.

Warum kennen wir neben dem Gefühl des Glücks aber auch die Gefühle Unzufriedenheit und Langeweile? Warum sind wir auf der Hut vor manchen Versprechungen, die wir sofort als unrealistisch erkennen, auch wenn wir es nicht wahr haben wollen?

Können diese negativen Denkansätze auch einen Nutzen für uns beinhalten. So wie eine gewisse Angst zum Leben und Überleben gehört, gehört auch der „gesunde“ Pessimismus zu einer realistischen Einschätzung unserer Welt.

Menschen mit einem gesunden Pessimismus können ihre Umwelt besser antizipieren, sie können sich besser vorstellen, was alles passieren kann. Deswegen kommen sie zu einer besseren, umfassenderen Beurteilung als die „blauäugigen“ Optimisten.

Zuviel Optimismus ist genauso ein Überlebensrisiko wie zu wenig Angst.

Und überlegen wir mal, was der Motor für Veränderung und damit auch für Verbesserung ist. Wer immer glücklich und zufrieden ist, will sicher nichts verändern. Wer jedoch unzufrieden oder gelangweilt ist, setzt seinen Geist für Veränderung und Verbesserung ein.

Das ist auch in Situationen der Fall, die wir gerne Krisen nennen. Wenn ich meinen Job verliere oder eine Beziehung beende, bin ich sicher nicht glücklich. Dieser Einschnitt in meinem bisherigen Leben birgt aber die Chance in sich, innezuhalten und den eigenen Kurs zu überdenken. Ich kann dann Umstände und Situationen neu bewerten und so einen anderen Weg finden.

Also seien Sie nicht traurig und frustriert, wenn es mit den Glücksgefühlen nicht immer so gut klappt. Seien Sie bewusst mal traurig und pessimistisch. Auch das gehört zu unserem Leben. Machen Sie sich bewusst, dass Fortschritt auch mit „unglücklich sein“ zu tun hat.

Nur wenn diese Phase nicht zu einem Ende kommt, brauchen Sie Hilfe.