Wahrnehmung und Wirklichkeit

Wir  nehmen unsere Umwelt mit unseren Augen, Ohren, dem Tast-, Geschmacks- und Geruchssinn wahr.

Unsere Augen schicken mindestens 10 Millionen Bits in der Sekunde an das Gehirn, die Haut etwa eine Million, die Ohren 100 000, der Geruchssinn weitere 100 000 und der Geschmackssinn nochmal 1000 Bits – also mehr als 11 Millionen Bits, die Sekunde für Sekunde in unserem Hirn eintreffen.

Unser bewusster Verstand bewältigt maximal 50 Bits pro Sekunde.

Nur ein Bruchteil, der erfassten Informationen schafft es bis in unser Bewusstsein. Hirnforscher schätzen, dass uns weniger als 0,1 Prozent dessen, was das Gehirn tut, aktuell bewusst wird.

Das gibt uns einen Eindruck von dem gewaltigen Kapazitätsunterschied zwischen dem Unbewussten = Wahrnehmung und dem bewussten Verstand = Wirklichkeit.

Was wir durch unsere Sinne wahrnehmen wird gefiltert und bewertet. Es wird nur das durchgelassen, was für uns wichtig ist und in unsere Welt passt. Wir formen uns unsere Wirklichkeit, geprägt durch soziale, kulturelle und individuelle Filter.

Pipi Langstrumpf hat also ein bisschen Recht, wenn sie singt: „Ich mach‘ mir die Welt, wie sie mir gefällt.“

So sehen Sie als junger Mann sofort eine Harley-Davidson am Straßenrand, als angehender Familienvater registrieren Sie überall die praktischen Vans mit viel Platz für den Kinderwagen.

Dieser Ablauf ist einerseits überlebenswichtig – wir müssen die Menge des für uns physisch Wahrnehmbaren strukturieren und reduzieren, weil die Menge uns sonst erschlägt – andererseits macht uns dieser Ablauf zu Halbwissenden.

Aber was passiert mit all den Informationen? Sind sie für immer und ewig verloren? Oder haben wir die Möglichkeit darauf zu zugreifen?

Jeder kennt sicher die Situation, dass nach einer gewissen Menge Alkohol auf einer Party selbst die nüchternsten Realisten über Gott und die Welt philosophieren können.

Eine Trance in Hypnose oder Meditation kann ähnliches bewirken.

Die forensische Hypnose macht sich dies bei Zeugenbefragungen zunutze um Details zu erfragen. (Um Rückfragen zu vermeiden: ist in Deutschland nur unter besonderen Regelungen erlaubt.)

Meditation kann ebenfalls unser Bewusstsein erweitern, ganz ohne Drogen.

Nein, wir sind unseren Filtern nicht hilflos ausgeliefert, wir können daran arbeiten.

Je offener unser Weltbild ist, umso flexibler können wir das
Wahrgenommene in unserer Wirklichkeit zulassen, auch Dinge, die nicht in unser Alltagsbewusstsein passen.

Kopf und Bauch

Realist zu sein bedeutet, sich von seinem Verstand und analytischem Denken leiten zu lassen, nicht von seinen Gefühlen. Sachlich sein, immer danach fragen „Was habe ich davon? Was kommt unterm Strich dabei für mich raus?“, keine Gefühle zulassen, denn die führen nur in die Irre, ist die Definition unserer Zeit.

Die Vernunft gilt als das Maß aller Dinge.

Doch immer mehr kommen Neurowissenschaftler und Psychologen zu ganz anderen Ergebnissen:

Das Denken lässt sich von den Gefühlen nicht trennen.

Was macht uns Menschen denn wirklich aus, uns authentisch = original: der Verstand, die Gefühle, die Intuition und nicht zu vergessen unser Unbewusstes.

Das Unbewusste wurde bisher dank Freud als etwas Bedrohliches, Gefährliches, Verdrängtes gesehen. Sind nicht gerade unsere unbewussten Wünsche ein Teil unserer Motivation im Leben? Ist unser Unbewusstes damit nicht eher Freund als Feind? Verbringen wir nicht manchmal ein ganzes Leben damit herauszufinden, was wir eigentlich wollen, wofür wir „bestimmt“ sind?

Wenn wir authentisch werden wollen, benötigen wir die Einbeziehung aller Wahrnehmungsebenen. Ohne die Gefühlswelt kann es gar keinen Realismus geben. Wird der Bereich der Emotionen verdrängt und als unrealistisch abgewertet, fehlt ein großer, vielleicht sogar entscheidender Anteil zur ganzheitlichen Betrachtung.

Das kann kein wirklicher Realismus sein!

Wenn wir unsere irrationalen Seiten kennen und zu nutzen wissen, können wir die kreativen Kräfte in uns wecken und kommen selbst bei komplexen Entscheidungen zu Ergebnissen, die uns glücklich machen.

Um unsere Intuition oder unseren unbewussten Anteil in uns zu schulen sind unterschiedliche Techniken geeignet wie Hypnose, Meditation, Fantasiereisen.  Um unseren Gefühlen nachzuforschen ist Selbstbeobachtung ein wirksamer Weg. Achten Sie darauf, was Sie in bestimmten Situationen fühlen, auf was es Ihnen ankommt, welche Emotionen Sie bewegen.

Lassen Sie alle Teile Ihres Selbst bei wichtigen Entscheidungen mitreden. Verlassen Sie sich nicht nur auf Ihren bewussten Verstand, er ist nur ein kleiner Teil Ihrer gesamten Persönlichkeit. Hören Sie auch auf Ihre Fantasie, auf Intuition und Ihre Gefühle.

Danach können Sie immer noch die Durchführbarkeit Ihrer Träume überprüfen. Erst sollten Sie jedoch herausfinden worin sie bestehen.

 Lerne denken mit dem Herzen und lerne fühlen mit dem Geist.
(Theodor Fontane)

PS: Mein eigenes Erlebnis dazu

Als ich mich vor 6 Jahren entschieden habe meine gut dotierte Arbeitsstelle zu verlassen um mich selbständig den Themen zu widmen, die mir am Herzen liegen, habe ich dazu nur wenige Minuten gebraucht.

Ich hatte eine paar Tage vorher einen beeindruckenden Bericht in einer Talk-Show gesehen: „Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft“ mit Bas Kast.

Deswegen habe ich mich mutig auf mein Bauchgefühl verlassen und habe diese Entscheidung noch nicht einen Tag bereut.

Natürlich habe ich auch meinen Kritiker in mir zu Wort kommen lassen: Kannst du das denn auch finanziell durchstehen? Ich weiß nicht, wer gesiegt hätte, wenn der Kritiker die Oberhand gewonnen hätte. Ich vermute allerdings, dass viele kreative Anteile in mir dann richtig gekämpft hätten.